Brigitte Kowanz gehört zu den international bedeutendsten Vertreterinnen der Lichtkunst. Charakteristikum ihrer Werke ist die Verbindung von Licht und Sprache zu einprägsamen Bildformeln. Dabei setzt die Künstlerin oft reflektierende Oberflächen ein, um die magische Anziehungskraft des Lichts zu verstärken, so auch in der neuen und ausgesprochen malerisch wirkenden Serie der «Reflects»: Aus Aluminium, Reflexionsfolie und Transparenzlack bestehend, lassen die Paneele gestische Bewegungen erkennen, deren Widerschein sich abhängig vom Lichteinfall und von der Position der Betrachtenden verändert. Nebst solch interaktiven Momenten dient die Reflektion bei Kowanz häufig dazu, die Aussage einer Arbeit zu pointieren – etwa bei der Bodenskulptur «Tipping Point»: Mit dem titelgebenden Ausdruck wird generell ein Kippmoment in einer zuvor gleichförmigen Bewegung bezeichnet, heute allerdings steht der Begriff häufig in Bezug auf die Klimaerwärmung – eine fatale Tatsache, welche in Kowanz’ Arbeit, in der Kombination von Leuchtschrift und Spiegel auf fast schwindelerregende Weise visualisiert wird.
Besonders freut es uns, neben diesen aktuellen Arbeiten von Kowanz auch ein Werk aus den 1990ern zu präsentieren, das, bestehend aus Glimmlampen und Verteilerstecker, die Anfänge ihrer Auseinandersetzung mit dem Medium Licht veranschaulicht.
Vorrangig auf die künstlerischen Anfänge konzentrieren wir uns bei der Werkauswahl von Michael Venezia. Wir tauchen damit ein in die Zeit der späten 1960er- und frühen 1970er-Jahre. Mit Künstlerkollegen wie Dan Flavin, Robert Ryman oder Sol LeWitt teilte Venezia damals das Anliegen, malerische Möglichkeiten nach dem Abstrakten Expressionismus zu entwickeln. Um 1967 entdeckte er als einer der ersten bildenden Künstler überhaupt die Farbsprühpistole, die das Handschriftliche des Pinselduktus nahezu eliminiert und stattdessen Luftdruck sichtbar werden lässt. Indem Venezia seine Farbsprühdosen mit einem Gemisch aus metallischen Pigmenten und Acryl- oder Ölfarbe befüllte, setzte er zudem ganz eindeutig auf die malerische Qualität des Lichtes. Offensichtlich wird das anhand der Papierarbeiten in unserer Ausstellung: Sie verändern sich optisch, je nach Lichteinfall, und erhalten so eine Dynamik, die ganz aus dem Zusammenspiel von malerischen Mitteln und Licht entsteht.
Noch deutlicher wird dieser Aspekt in den langgezogenen Leinwänden, genannt «Bars». Diese extreme horizontale Dehnung der Bildfläche, der er bis heute treu geblieben ist, war Anfang der 1970er ein weiterer wichtiger Schritt, mit dem Venezia der Malerei neue Impulse eingab. Mit einem einzigen, langen Sprühstoss und sich entlang des «Bars» bewegend, «bemalte» der Künstler den schmalen Bildgrund. Auch von den Betrachtenden wird Fortbewegung vor dem Gemälde eingefordert, nur so können sie die ganze Vielfalt des Lichtspiels, dass sich auf dieser Oberfläche vollzieht, erleben. Einen ähnlichen Effekt erzielt der Künstler, wenn er in neueren «Block Paintings» Perlglanz einsetzt.
Nebst der Tatsache, dass Licht Grundlage unserer Wahrnehmung ist, verdeutlicht unsere zweite «Dialog»-Ausstellung somit, wie das Licht den Kunstschaffenden stets auch dazu dient, Interaktion mit ihrem Publikum herzustellen und ihm so ein unmittelbar physisches Kunsterlebnis zu ermöglichen.
Deborah Keller