Die Präsentation bei Häusler Contemporary München gewährt nun unter dem Titel «Der richtige Augenblick» Einsicht in die aktuelle Auseinandersetzung des Bildhauers und schließt damit an seine Ausstellung im Josef Albers Museum Quadrat in Bottrop von 2016 an. Dort hatte Kiecol erstmals Ausschnitte aus dem Kosmos präsentiert, innerhalb dessen sein Schaffen unverwechselbar verortet ist. In dem aktuellen Werktypus des «Tableau», den er nun bei uns zeigt, formuliert er den raum-zeitlichen Ansatz des Bildhauers radikal neu: Indem er Bilder unterschiedlicher räumlicher Formfindungen miteinander verknüpft, schafft er einen neuen, ideellen Raum, den die Betrachtenden entdeckend durchmessen. Die Materialien dieser «Formationen» wählt Kiecol aus Zeichnungen, Fotos und Drucken, die seit den 1970er-Jahren entstanden sind.
Erstaunlich ist, wie in den «Tableaus» verschiedene Dinge eine natürliche Gleichwertigkeit erhalten und so ein kontextualisierendes Denken sichtbar wird, das vielleicht dem Künstlerdasein generell eigen ist: Fotografien von Skulpturen Kiecols finden ebenso ihren Platz wie Aufnahmen geschichtsträchtiger Architekturen oder städtebaulicher Situationen, die er etwa auf Reisen gemacht hat. Eigene Ausstellungsplakate und Einladungskarten fließen teils mit ein, öfters auch Druckgrafiken und in einem Fall sogar eine Vorzeichnung, die in dem Gefüge ein neues Dasein, neue Bedeutung erhalten.
Die Werke zeugen also von einer neuen Herangehensweise Kiecols an Fragen der Skulpturalität und auch an sein eigenes Werk. Man ist versucht, den Ausstellungstitel dahingehend zu deuten, dass nun «der richtige Augenblick» für diese Auseinandersetzung gekommen sei. Allerdings wird eine derart erläuternde, verkürzte Interpretation Kiecols künstlerischem Ansatz nicht gerecht. Vielmehr ist es so, dass Zeitliches öfters in seinen Titeln anklingt, er somit bei seinem Schaffen im Zwei- oder Dreidimensionalen auch die vierte Dimension stets mitdenkt.
Unsere Ausstellung ermöglicht so exklusiven Einblick in die jüngste Entwicklung in Kiecols Schaffen. Einmal mehr wird so die Vielschichtigkeit seiner bildhauerischen Denkweise sichtbar, die er in seinen unverwechselbaren Formfindungen pointiert.
Deborah Keller