Doch diese Dispositionen haben eine Endgültigkeit, die unaufdringlich, nicht kategorisch auftritt, weshalb es falsch wäre von Vollendung zu sprechen. Nicht nur bleibt der Rückbezug zum Herstellungsprozess gewahrt, dieser durchwirkt die Setzung, die aus ihm resultiert, als Intention und Energie, er steuert sie.“ Die Intention und Energie der Aquarelle und Zeichnungen beziehen sich in ihrer Gesamtheit auf jene „Bereiche des Ordnens“, in denen während der Entstehung ihre Zusammenhänge erforscht und erkannt werden. „Dieses Aufzeichnen, das in das Zeichnen kommen bedeutet einen Raum neu erschaffen, eine Welt finden, die diese Arbeit zulässt, die ihrem Sinn vertraut, die sich einrichten lässt. Das Einrichten ist ein Akt des Verzettelns. Im erkennenden Sehen und Denken unterscheiden wir die Dinge, wir erwägen und prüfen und während wir intuitiv entscheiden, verzweigen sich die Teile zu einem neuen Ganzen.“ (3)
Der Zusammenhang, das Ordnen wie dessen Verschränkung eröffnen den Zeichnungen Korrespondenzen im Zusammenspiel unbegrenzter Vorstellung: Vasts Apart, getrennte Welten – Weiten entfernt. Die Überbrückung der Unendlichkeit. Werner Hofmann deutet diese Kohärenz der sich bedingenden, sich verzweigenden Zeichnungen einleuchtend, wenn er fortfährt: „einzelne Zeichnungen hängen an einem und demselben Formgedanken, sie sind seine Fortschreibung. Da dieses Ineinandergreifen die Elemente, mit denen es arbeitet, für das Auge des Betrachters stabilisiert, zu Konstanten macht, nimmt die formale Ordnung so etwas wie Autorität an. Dennoch ist in der Stabilisierung der Prozess weiter enthalten, vielleicht kommt daher die Leichtigkeit dieser Blätter. Sie hat freilich auch mit der sparsamen Artikulation zu tun. Diese Ökonomie der Mittel meint das Wort asketisch und die Feierlichkeit bezieht sich auf die Formhöhe, die Partenheimer damit erzielt.“ (4)
Die „Feierlichkeit“, von der Werner Hofmann spricht, erspürt die Verlangsamung der Bewegung, das Schweigen in der Zeichnung als Ereignisraum, „denn erst der Stillstand der Dinge erleuchtet ihre Gegenwart.“ (5) In der Aufmerksamkeit für die Gesamtheit der Werke, in der die einzelnen Zeichnungen und Aquarelle ihre Vielfalt als Einheit begreifen, erkennen wir die Haltung der Empfindung - Weiten entfernt aller Konventionen. So nimmt mehr als drei Jahrzehnte nach ihrer Entstehung die Werkgruppe Vasts Apart (Hamburger Block) eine zentrale Bedeutung im zeichnerischen Werk ein und inspirierte mit ihrer Strahlkraft auch die Malerei und die Skulptur als „Raumzeichnung“.
Bruno Glatt, 2022
1) Evelyn Preuss, Ausflüge zur Farbe. Jürgen Partenheimer in der Hamburger Kunsthalle. Die Welt, 25.3.1990
2) Werner Hofmann, Anschaubare Parabeln, in: Jürgen Partenheimer, „Vasts Apart“, Hamburger Kunsthalle, 1990
3) Jürgen Partenheimer, Erst der Stillstand der Dinge erleuchtet ihre Gegenwart, in: Jürgen Partenheimer, „Vasts Apart“, Hamburger Kunsthalle, 1990
4) Werner Hofmann, ibid
5) Jürgen Partenheimer, ibid