Übergeordnetes Thema der Werkgruppe ist – wie der Begriff «Portal» andeutet – der Zugang zum architektonischen Raum. Nach visuell komplexen Arbeiten wie den «Cannes Series» oder den «Chandeliers» kehrt der Künstler hier zurück zu einer linear reduzierten Nutzung der Neonröhre. Ähnlich hat er dieses faszinierenden Medium schon um 1969 erprobt, so etwa der «Neon Wrapping Neon»-Serie oder den «Dis-Play»-Arbeiten. Bei der «Portal»-Serie fällt auf, dass alle Werke aus maximal drei Neonröhren in den Grundfarben rot, gelb, blau bestehen. Während die «Drones» wie Fühler an den Wänden angedockt sind, greifen die «Portals» zuweilen auch von der Wand auf den Boden über, so zum Beispiel bei «Portal Wall Extension». Alle Arbeiten der Serie sind geprägt von klaren Horizontalen, Vertikalen und der 45-Grad-Diagonale. Sie deuten so ein räumliches Koordinatensystem an und scheinen mit abgerundeten Ausstülpungen in bestimmte Richtungen zu weisen. Gleichzeitig können diese Ausstülpungen auch als Elemente gedeutet werden, die den Raum penetrieren. Sie erhalten so unweigerlich eine erotische Konnotation, wie sie in vielen Werken von Sonnier impliziert ist.
Neben den Werken der «Portal Series» sticht in unserer Ausstellung die Arbeit «Ebo River I» durch verspielt geschwungene Neons hervor. Die beiden schwarzen, annähernd ovalen Platten, die hinter die Leuchtstoffröhren montiert sind, erinnern an Augen und verleihen der Skulptur ein figuratives Aussehen. Diese Arbeit gehört zu einer weiteren, neuen Serie von Werken, die Sonnier direkt von der Struktur der Ebola-Viruszellen abgeleitet hat.
Beide Werkserien zeugen davon, wie Keith Sonnier seine Arbeiten stets aus den Bedingungen der Umwelt entwickelt. Es können, wie im aktuellen Fall, weltpolitische Ereignisse sein, die ihn inspirieren, historisch völkerkundliche Erkenntnisse oder Eindrücke von eigenen Reisen. Beide Serien lassen vitale Frische erkennen bei einem Künstler, der auf mehr als 50 Jahre kreativen Schaffens zurück blickt und dessen Ansatz in den 1960ern wesentlich dazu beigetragen hat, den Skulpturbegriff neu zu definieren. Revolutionär war seine Auseinandersetzung mit zuvor kunstfremden Werkstoffen wie Glas, Gummi, Latex und schliesslich auch Neonlicht, die er kombinierte, um sie auf ihre sinnlichen und emotionalen Ausdrucksgehalte zu prüfen – ein Anliegen, das er bis heute konsequent verfolgt.
Ein kleiner Einblick in die Vielfalt von Sonniers Schaffen ist noch bis September 2015 in unserem Ausstellungsraum in Lustenau (AT) zu sehen. Das MAMAC in Nizza (FR) präsentiert zudem vom 12. Juni bis
29. November 2015 einen Überblick über seine Lichtarbeiten, mit denen
er in Europa grösste Bekanntheit erlangte.
Deborah Keller, Häusler Contemporary